Auf eigener Wurzel stehen

FÜNF FRAGEN AN…

Christoph Dirksen, Geschäftsführer der Baumschule Ley

Exkurs: Als eine von nur wenigen Baumschulen in Europa produzieren Sie das Gros Ihrer Aufschulware selbst. Welche Vorteile birgt das und welche Rolle spielt dabei Ihr Standort Meckenheim (NRW)?

Christoph Dirksen: Die Baumschule Ley ist aus dem Obstbau entstanden. Hieraus resultieren die jahrzehntelangen Erfahrungen dazu, wie ein Obsthochstamm produziert wird.
Diese Schritte zur Produktion eines Obsthochstammes können fast identisch auf die meisten gängigen Alleebaumarten übertragen werden.

Von der Auswahl der perfekten Unterlage oder der richtigen Jungpflanze bis zum Erwerb der benötigten Veredlungsreiser haben wir alles von Anfang an in der Hand.
Auch das Vorprodukt von manchen neuen Alleebaumsorten, beispielsweise einjährige Pflanzen aus dem Meristemlabor oder einjährige Alleebaum-Handveredlungen auf speziellen Unterlagen, die wir in eigens dafür ausgesuchten Betrieben vorproduzieren lassen, garantieren uns über viele Jahre eine große Sicherheit über gleichmäßige Anbaumengen und Qualitäten für die 2xv Alleebaumkultur.

Viele Jungpflanzen, beispielsweise Linden, Ahorn, Zieräpfel oder Eschen werden auch weiterhin traditionell in unserem Betrieb veredelt. Aus diesen Jungpflanzen produzieren wir den 2xv Alleebaum. Dieser ist die Ausgangsware, die alle Baumschulen benötigen, um einen 3xv 16-18-20-25 Alleebaum zu produzieren. Die Produktion eines 2xv Jungbaumes kann sortentypisch bis zu 5 oder 6 Jahre dauern. Da wir aber nun diese Jungbäume zu fast 100 Prozent selber produzieren, brauchen wir uns nicht mehr mit deren Zukauf zu befassen, so wie es die anderen Baumschulen müssen. Wir haben quasi alles selbst. Das ist ein großer Vorteil für uns.

Ganz wichtig dabei, dass ständig das Sortenspektrum bei der Jungbaumproduktion erweitert und vergrößert wird. Ein riesiges Sortiment an traditionellen Baumsorten, aber auch große Mengen an neuartigen Zukunftsbäumen wächst so gesichert auf unseren Flächen heran. Bereits im Jungstadium des 2xv Alleebaumes können wir erkennen, wo die Besonderheiten oder auch die Probleme von neuen Arten und Sorten liegen könnten. So beispielsweise bei Koelreuteria paniculata oder Paulownia tomentosa.

Der Standort der Baumschule Ley hat hervorragende Pluspunkte. Über Jahre hinweg waren gute durchschnittliche Regenmengen von über 680 l pro Jahr garantiert. Ganz besonders hervorheben muss man die tiefgründigen Löß-Lehm Böden (bis 100 Bodenpunkte) die den Bäumen offenbar eine perfekte Nährstoffversorgung garantieren. Auch die etwas wärmeren Temperaturen der Vergangenheit (1,5-2 Grad wärmer als der Rest von Deutschland) haben zu sehr guten Wachstumsergebnissen geführt. Nicht umsonst ist rund um Meckenheim eins der größten Obstanbaugebiete Deutschlands. Unsere Bäume haben stabile Ballen, die die Wurzeln perfekt schützen. Das schätzen unsere Kunden besonders, sowie die strategisch günstige Lage in der Mitte von Deutschland und im Herzen Europas.

Seit einigen Jahren sind sogenannte „Klimabäume“ in aller Munde. Was versteht man darunter und bieten Sie solche an?

Ja, Klimabäume sind eines unserer Steckenpferde. Bereits vor über 20 Jahren haben wir mit der Produktion begonnen und damit unser gut funktionierendes, altes Baumsortiment bereichert. Der Mix aus Zukunftsbäumen und bewährten, alten Sorten ist nämlich der Schlüssel für zukunftsfähige Alleebaumpflanzungen für ganz Europa.

Bei Klimabäumen ist man sich sicher, dass diese Sorten langandauernde Hitzeperioden sowie lang andauernde Trockenstressphasen, aber auch kalte, frostige Winter und starke Regenfälle besser überstehen und verkraften, als so manche hochgehypte Ziersorte. Diese Bäume sollen am Endstandort eine lange, gesunde Zukunft haben.

Betreiben Sie selbst Feldforschung, um die resilientesten Arten zu ermitteln?

Dadurch, dass wir Jungpflanzen zum Teil selbst auswählen und die Vermehrung bei Ley durchführen, gelingt es uns immer wieder, neue Baumsorten/-typen zu selektieren. Dies ist eine sehr mühselige Arbeit und es ist oftmals nur der Zufall, der dabei behilflich ist.

Wichtig ist zu wissen, dass dies ein fortlaufender Prozess in der gesamten Baumschulproduktion ist und der Fokus nicht darauf liegt, jährlich mehrere neue Sorten auf den Markt zu bringen. Die Gefahr ist nämlich die: Was eine neue Baumsorte kann, weiß man oft erst nach 20-30 Jahren und erst danach ist es fair, ehrlich und richtig, diese neue Baumsorte zu propagieren und auf den Markt zu bringen. Wir meinen, wenn es gelingt, alle fünf Jahre etwas richtig Neues zu präsentieren, ist das schon ein großer Erfolg

Welche Klimabaumarten haben bisher die größte Trockenstress-Resistenz gezeigt?

Der Spitzahorn und seine Sorten (insbesondere ‚Columare Typ II‘ und ‚Allerhausen‘) waren die Gewinner der heißen Sommer 2018, 2019 und 2020. Selbst wochenlange Hitzeperioden und monatelanger Regenmangel schienen sie so wegzustecken. Aber auch Tilia ‚Brabant‘,Alnus spaethii, oder Platanus hispanica haben sich sehr gut präsentiert.

Eine andere große Baumschule hat jüngst verkündet, fortan voll auf Klimabäume zu setzen keine heimischen Gehölze mehr zu produzieren. Wie beurteilen Sie das?

Das ist eine unternehmerische Einzelentscheidung. Für mich ist interessant, dass gebietsheimische Bäume auf eigener Wurzel stehen (Sämlinge) und sich durch ihr eigenes, starkes Wurzelwerk in den vergangenen trockenen Jahren gut präsentiert haben. Das echte Potenzial von gebietsheimischen Bäumen ist letztendlich noch gar nicht richtig klar, vielleicht können sie hier und da auch positiv besser dastehen als so manch ein Exot.

Wichtig ist aber zu wissen, dass gebietsheimische Gehölze für die Innenstadt nicht vorgesehen sind und wenn man seine Produkte hauptsächlich für den urbanen Bereich benötigt sind gebietsheimische Gehölze für manche Baumschulen produktionstechnisch unwichtig. Es besteht ja weiterhin die Möglichkeit, bei über 33 Baumschulen in Deutschland den Bedarf an gebietsheimischen Gehölzen zu decken.

Zur Person

Christoph Dirksen

ist seit 2005 Geschäftsführer der Baumschule Wilhelm Ley GmbH & Co.KG. Er ist Präsidiumsmitglied der FLL in Bonn und Vorsitzender des Laubgehölze-Ausschusses des Bundes deutscher Baumschulen. Seit 2020 ist er Vorsitzender des Baumschulverbandes NRW.