Intelligente Gärten

Exkurs-Redakteur Hendrik Behnisch über den Technik-bedingten Bewusstseinswandel in deutschen Privatgärten.

Alles unter Kontrolle: Der große Reiz von Smart Home- Systemlösungen für Haus und Garten besteht darin, sich mit ein paar Klicks viele Handgriffe und Wege zu sparen. Foto: FrankBoston, Adobe Stock

Seinen Alltag zu bewältigen war noch nie so leicht wie heute. Ganz einfach deshalb, weil wir viel mehr technische Hilfsmittel zur Hand haben als jede Generation vor uns. Dieses Privileg ist eine Folge der Digitalisierung: Mit ein paar Klicks kann man sich beispielsweise Essen nach Hause liefern lassen und sein Wohnzimmer in ein Heimkino verwandeln. Auch in vielen Privatgärten herrscht eine neue Bequemlichkeit: Automatisierte Systemlösungen für Rasenpflege und Bewässerung erlauben uns, die physische Gartenarbeit drastisch zu reduzieren. Der Smart Garden-Trend verändert damit auch die Art und Weise, wie wir das heimische Grün erleben. Das hat weitreichende Konsequenzen.

„Eine Chance, keine Bedrohung“

Tatsächlich erscheint das Konzept des intelligenten Gartens ein Stück weit paradox. Schließlich hat Gartenarbeit viel mit haptischem Erleben zu tun: Man schneidet seine Hecke, läuft mit dem Wasserschlauch umher und schiebt den Rasenmäher übers Grundstück. Kann das Outsourcen dieser Tätigkeiten nicht dazu führen, dass man den Bezug zum eigenen Garten verliert – ja, ihn zu einer hübschen Kulisse degradiert? Axel Keul, der Geschäftsführer des Verbands Garten-, Landschafts- und Sportplatzbau Sachsen (VGLS), widerspricht: „Der Smart Garden-Trend ist eine Chance, keine Bedrohung. Und das gilt für Gartenbesitzer wie Landschaftsgärtner gleichermaßen.“

Die intelligente Gartentechnik sieht der Sachse vor allem als optionales Hilfsangebot. Es sei zwar Ausdruck des Zeitgeists, der immer mehr (Selbst-)Optimierung will. Das müsse aber nicht mit Skepsis betrachtet werden. Schließlich habe es schon immer Gartenbesitzer gegeben, für die Rasenmähen und Bewässern lästige Pflichten waren. „Während sie die Pflege früher Profis übertragen haben, nutzen sie heute eben vermehrt Smart Garden-Systeme“, sagt Keul. Er kenne allerdings auch noch genügend Hobby-Gärtner, die möglichst viel von Hand erledigen. Beides habe seine Berechtigung und sei letztlich „eine Typenfrage“.

Der GaLaBau zieht mit

Und dennoch: Gerade für ältere Leute und solche, die wenig Zeit haben, sei intelligente Gartentechnik eine reizvolle Alternative. Wer smarte Lösungen zwar nutzen will, aber kaum technisches Verständnis hat, solle sich auf den GaLaBau verlassen können, findet Keul: „Es muss unser Anspruch als Dienstleister sein, dem Kunden ein Rundum-Sorglos-Paket anzubieten. Deshalb haben viele GaLaBau-Betriebe, die auf Privatgärten spezialisiert sind, bereits Smart Garden-Lösungen in ihrem Leistungsportfolio.“

Dabei gebe es sowohl Firmen, die beispielsweise Mähroboter samt ihren Ladestationen selbst installieren als auch solche, die auf die Dienste von Fachhändlern zurückgreifen. Unabhängig davon sieht Sachsens VGLS-Chef eine gewachsene Digital-Kompetenz im GaLaBau, etwa in der Gartenplanung: „Viele Kunden haben keine allzu große räumliche Vorstellungskraft, sodass digitale 3D-Visualisierungen immer stärker nachgefragt werden. Das nützt auch den Betrieben, denn so können sie ihre Gestaltungsideen besser verkaufen.“

All diese Beispiele zeigen, dass Smart Garden kein Trend mehr ist, sondern eine Entwicklung, die sich verstetigt hat. Das sieht auch Keul so und ergänzt: „Selbst die Ga-LaBau-Ausbildungsinhalte verändern sich gerade in Richtung intelligenter Gartentechnik. Automatische Bewässerung ist beispielsweise ein fester Bestandteil unseres Berufsschul-Lehrplans.“

Und nicht nur GaLaBau-Azubis erfahren dank intelligenter Gartentechnik einen kräftigen Wissenszuwachs. Auch Hobby-Gärtner können von Smart Garden-Systemen lernen, sobald der Profi die Steuerung fachgerecht eingestellt hat. Wenn etwa eine App anzeigt, dass ein frisch gepflanzter Jungbaum mit 100 Litern pro Woche bewässert werden muss, kann das beim Laien ein stärkeres Bewusstsein für das Gehölz hervorrufen. Denn die konkrete Zahl offenbart einen Pflegebedarf, den er beim intuitiven Gießen gar nicht genau abschätzen konnte.

Insofern: Ja, intelligente Gartentechnik erleichtert uns den Umgang mit dem heimischen Grün zweifelsohne. Dass wir ihm dabei eng verbunden bleiben, haben wir allerdings jederzeit selbst in der Hand.

hb 

Zur Person

Hendrik Behnisch, 1985 in Berlin geboren, ist seit 2018 verantwortlicher Redakteur des Supplements "Exkurs", das alle drei Monate den grünen Titeln des Patzer Verlags beiliegt. Zudem wirkt er an den Fachzeitschriften Neue Landschaft und Pro Baum mit.

www.neuelandschaft.de