Exkurs: Das Thema Schwammstadt beherrscht seit einiger Zeit und zunehmend alle Branchenplayer der blaugrünen Infrastruktur wie kein Zweites. Wie ist Ihr Eindruck als Hersteller zur Marktentwicklung im Bereich der Schwammstadt-Strategie?
Andreas P. Amft: Gerade unter den gegenwärtig schwierigen Rahmenbedingungen kann das Schwammstadt-Thema durchaus als ein Hoffnungsträger für das Bauwesen gesehen werden. Der Schwammstadt-Trend ist genau die richtige Richtung, in die die Entwicklung gehen muss, um unsere Umwelt und gerade urbane Strukturen mit hohem Flächenversiegelungsgrad resilienter zu machen gegen die negativen Auswirkungen des Klimawandels. Dabei sind die einzelnen Komponenten ja nicht einmal neu. Die meisten Tools sind bekannt und werden auch bereits seit langer Zeit weiterentwickelt und umgesetzt. Jetzt kommt es aber darauf an, die einzelnen Komponenten sinnvoll miteinander zu verbinden und in seiner Wirksamkeit als Gesamtsystem zu bewerten.
Exkurs: Welche Komponenten meinen Sie konkret?
Andreas P. Amft: Als ENREGIS Gruppe beschäftigen wir uns seit nunmehr 17 Jahren mit diesem Thema. Dabei haben wir uns zunächst auf den Bereich der Niederschlagwasser-Behandlung und -Bewirtschaftung im Boden fokussiert. Dabei geht es darum, das Wasser von versiegelten Dach- und Verkehrsflächen nach Notwendigkeit von organischen und anorganischen Schmutzfrachten zu befreien und dann im Erdreich zu versickern, zeitverzögert mittels Rückhaltungssystem und somit temporär entlastend der Kanalisation zuzuleiten, oder es vor Ort zu speichern und einer Nutzung zuzuführen.
Mit unsere Filtersubstrat- bzw. Schüttgutsparte unter dem Label „DISPOplus“ kam dann u.a. auch der Bereich der „Wassergebundene Wegedecken“ hinzu. Ein ganz wichtiger Baustein im Schwammstadt-Puzzle, denn diese Wegedecken sind klimaaktiv. Sie sind das wirkungsvollste Mittel, Flächen gar nicht erst zu versiegeln, sondern das Wasser zu speichern und überschüssiges Wasser wieder dem Grundwasserspiegel zuzuführen. Von dem gespeicherten Wasser profitiert die umliegende und schattenspendende Vegetation in Trockenperioden. Zudem entsteht bei Hitze Verdunstungskälte und die Oberfläche des Bodens heizt sich längst nicht so auf, wie eine gepflasterte Fläche.
Schatten spenden natürlich auch Baumstandorte. „Baumstandort-Konzepte“ bilden ein weiteres Puzzle-Stück der ENREGIS Schwammstadt-Strategie. Unser Portfolio bietet hier ein mineralisches und ein statisch optimiertes Konzept. So wird jede individuelle, projektspezifische Anforderung erfüllt – auf jeden Fall aber wird ein wichtiger Wasser- und Nährstoffspeicher unterhalb des Wurzelraums geschaffen, der die Versorgung des Stadtbaums über seine gesamte Lebenszeit sicherstellt und der Wasserableitungen von umliegenden Dach- oder Verkehrsflächen sinnvoll nutzt.
Pflanzen und Vegetation gibt es aber nicht nur auf dem Boden, sondern auch Dachflächen bieten ein riesiges und vielfach ungenutztes Potential, mit Begrünung ausgestattet zu einer regelrechten Klimaanlage auf dem Dach zu werden.
Die Dachbegrünung ist ein weiterer ganz wichtiger Baustein des Schwammstadt-Konzepte, wie wir als ENREGIS Gruppe es verstehen. Den Umgang mit Retentionskörper kennen wir seit eh und je aus dem Bereich der Niederschlagwasser-Bewirtschaftung. Für Pflanzsubstrate nach jeder pflanzspezifischen Anforderung verfügen wir über unsere Substrat- bzw. Schüttgutfertigung am Standort Parensen über Dekaden an Expertise. Was lag also näher, als die bereits bestehenden Komponenten unseres Portfolios im Rahmen eines Gesamtprogramms für die Dachbegrünung einfach zusammen zu führen und -wo notwendig- mit neuen Produkten zu ergänzen.
Somit decken wir also über die Produktbereiche
- Niederschlagwasser-Behandlung und -Bewirtschaftung,
- Wassergebundene klimaaktive Wegedecken,
- Baumstandort-Konzepte und
- Dachbegrünung
alle wichtigen Bausteine des Schwammstadt-Konzeptes ab. Wir verstehen uns somit quasi als Fullsortimenter für Schwammstadt-Klimawerkzeuge.
Exkurs: Können diese einzelnen Gewerke denn planerisch einfach miteinander verknüpft werden?
Andreas P. Amft: Genau das ist der Ansatz, mit dem das Schwammstadt-Konzept Sinn ergibt. Nur in der Kombination bzw. in einer wertungsfreien kombinierten Auslegung aller Komponenten ganz nach projektspezifischen Anforderungen kann das bestmögliche Ergebnis im Sinne der Wirksamkeit des Gesamtpaketes erreicht werden.
Exkurs: Meist wird aber doch z.B. die unterirdische Rigole von Hersteller A geliefert und die Dachbegrünung mit Retention vom Lieferanten B. Beide unterstützen das Projekt doch u.U. auch bereits in der Planungsfase. Führt das nicht zu einem Interessenkonflikt bereits in der Beratung und Auslegung?
Andreas P. Amft: Das ist tatsächlich so, wenn für unterschiedlichen Gewerke und Projektsegmente verschiedene Unternehmen einbezogen werden. Nicht umsonst sagt man „viele Köche verderben den Brei“. Denn jedes dieser Unternehmen verfolgt legitim eigene wirtschaftliche Interessen. Um Ihr Beispiel aufzugreifen: der Anbieter der unterirdischen Rigole möchte möglichst viel Volumen im Boden eingebaut wissen, denn das ist sein Geschäft. Der Lieferant der Dachbegrünung mit Retention wird dahingehend beraten, möglichst viel Retentionsvolumen auf dem Dach anzulegen, denn genau das ist sein Metier.
Exkurs: Aber führt das nicht insgesamt dann sogar zu einer Schwächung des Schwammstadt-Konzeptes?
Andreas P. Amft: Schlimmstenfalls kann das passieren, denn wenn wirtschaftliche Interessen Einfluss auf die projektspezifische Auslegung nehmen, kann nicht das bestmögliche Gesamtergebnis im Sinne des Umweltschutzes und der klimatischen Resilienz erreicht werden. Die Projektplaner werden dann nicht objektiv beraten, was am Ende auch einen höheren Zeitaufwand bedeutet, wenn sie unterschiedliche Interessen zusammenführen und auf einen Nenner bringen müssen.
Genau hier hat das ENREGIS Konzept seinen entscheidenden Vorteil, denn wir verfolgen einen ganzheitlichen, gewerkeübergreifenden Lösungsansatz. Als System-Hersteller für alle o.g. Schwammstadt-Komponenten können wir völlig wertungs- und konfliktfrei bereits in der Planungsfase durch unsere praxiserfahrenden Ingenieure so unterstützen, wie es projektspezifisch individuell am besten und im Sinne des Planers bzw. Bauherrn gewünscht ist. Denn bei uns bekommen der Planer und der Bauherr eben alles aus einer Hand.
Auch für die Handelspartner im Sinne des dreistufigen Vertriebswegs macht das vieles im Einkauf, in der Verwaltung, in der Abrechnung und in der Logistik einfacher, weil sie eben auch alles aus einer Hand beziehen können.
