Was sind uns unsere Bäume wert?

Dr. Andreas Plietzsch (öbv Sachverständiger) über die Kosten von Stadtbäumen.

Bei den Dresdner Stadtbaumtagen 2018 haben die Verantwortlichen der Stadt Dresden mitgeteilt, dass bei ihnen eine neue Baumpflanzung im innerstädtischen Umfeld derzeit etwa 3.000 bis 3.500 € je Baum kostet. Der Kostenanteil des Baumes daran beträgt jedoch nur etwa 5%.

Der Rest verteilt sich auf Planungsleistungen, auf die Umverlegung oder den Schutz von unterirdischen Leitungen, auf die Herstellung der Baumgrube und den Einbau von Baumsubstraten, auf bauliche Leistungen im Umfeld der Baumgrube, auf die Pflanzung sowie auf (nur) ein Jahr Fertigstellungspflege. Ist das angemessen? Wie groß ist die Wertschätzung für einen Jungbaum, der vergleichsweise wenig kostet?

Bäume erfüllen in der Stadt wichtige Funktionen. Sie wirken als gestalterische Elemente, als Schattenspender, zur Luftkühlung, zur Windbremsung, zur Feinstaubbindung. Zumindest die Laubbäume machen den jahreszeitlichen Wechsel in der Stadt erlebbar. Bäume besitzen unter Umständen eine kulturhistorische Bedeutung oder dienen als Nist- und Ruhestätten für Tiere. Wie kann eigentlich dieser Wert bemessen werden?

Eine wesentliche Bedingung für die erfolgreiche Etablierung eines Jungbaumes am Standort und damit auch ein wertbestimmender Faktor ist seine Qualität. Auf einigen Baustellen wird diese manchmal bemängelt. Es wird dann die Forderung erhoben, dass alle Bäume vollkommen frei von Mängeln sein müssten. Das ist jedoch so nicht richtig. In den Gütebestimmungen für Baumschulpflanzen (FLL 2004) heißt es dazu, dass die gelieferten Gehölze keine solchen Mängel aufweisen dürfen, die den Wert oder die Tauglichkeit für den vorgesehenen Verbrauch mindern. Wir dürfen nicht vergessen, dass es sich bei Gehölzen um lebende Organismen handelt und nicht um Schrauben oder Pflastersteine.

Wenn ein Jungbaum am Standort gepflanzt wird, dann ist er noch nicht voll funktionsfähig. Im Gegensatz zu anderen "gebauten Objekten" müssen hier Pflegeleistungen nachfolgen, damit der Baum seine volle Funktionsfähigkeit möglichst schnell und sicher erreicht. Dadurch wird sein Wert erhöht. Wieviel darf eine solche Pflege kosten?

Wenn wir auch den nächsten Generationen eine lebenswerte Umgebung mit Bäumen und anderen Gehölzen hinterlassen wollen, dann müssen wir heute pflanzen. Wir sollten jedoch den Mut haben und nur dort pflanzen, wo sich Gehölze entsprechend ihrer angestrebten Funktionserfüllung sicher entwickeln können. Dafür sind Aufwendungen für Pflegeleistungen unentbehrlich. Die machen derzeit jedoch nur einen Bruchteil der etwa 5% Anteilskosten für einen Jungbaum bei der Pflanzung aus. In der ZTV-Baumpflege (FLL 2017) wird definiert, dass die Jungbaumphase am Standort 15 Jahre dauert. Wäre dann die Dauer der Jungbaumpflege nicht ebenfalls konsequent mit 15 Jahren anzusetzen?

Es ist schon erstaunlich, dass einerseits in zahlreichen Immobilienanzeigen mit dem "grünen Wohnumfeld" geworben wird und dies als wertsteigernd gilt. Wenn es jedoch um die Kosten für Lieferung, Pflanzung, Pflege und Unterhalt von Gehölzen geht, dann regiert oftmals die finanzielle Zögerlichkeit. Also, was sind uns unsere Bäume wert?


Zur Person

Dr. Andreas Plietzsch

*1963 in Berlin, zunächst Ausbildung zum Gärtner, dann Gartenbau-Studium an der Humboldt-Universität (HU) zu Berlin. Abschluss 1988 als Diplom-Gartenbauingenieur, 1992 Promotion als Dr. rer. hort. an der HU Berlin. Seit Seit 2000 als Sachverständiger für Gehölze tätig. Seit 2009 öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für Baumschulen, Gehölze, Schutz- und Gestaltungsgrün.

a.plietzsch@baumwert.de